Die Lehrkapazitäten an den vier theologischen Fakultäten des Landes sind nicht ausgelastet. Durch eine bedarfsgerechte Reduzierung der Stellen können die Universitäten landesweit jährlich 4,4 Mio. € Personalkosten einsparen, ohne dass die den Kirchen vertraglich geschuldeten Leistungen des Landes beeinträchtigt werden.
1 Ausgangslage
An den Universitäten in Baden-Württemberg sind vier theologische Fakultäten eingerichtet, jeweils zwei für evangelische und für katholische Theologie.
Es handelt sich bei den Fakultäten um staatliche Einrichtungen, die - historisch gewachsen - mehr oder weniger eng mit den Kirchen kooperieren. Die Mitwirkungsrechte der Kirchen beruhen auf vertraglichen Verpflichtungen des Landes, der Landesverfassung und dem Gesetz über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg (Landeshochschulgesetz).
Die theologischen Fakultäten bilden evangelische bzw. katholische Geistliche und Religionslehrer für die Gymnasien aus. Über Lehrexporte wirken sie an der Ausbildung der Religionslehrer für Grund-, Haupt-, Real- und Berufsschulen mit. Mit ihren beachtlichen Leistungen im Bereich der theologischen und historischen Forschung tragen die theologischen Fakultäten nicht nur zum geistigen Fundament der christlichen Kirchen bei, sondern leisten einen wertvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs über theologische, ethische und philosophische Fragen.
Alle vier Fakultäten bieten folgende Studiengänge an:
- (Voll-)Theologisches Studium (kirchliche Prüfung/Diplom-Theologe)
- Lehramt für Gymnasien (Haupt- und Nebenfach)
- Magister (Haupt- und Nebenfach)
Dazu kommen weitere spezifische Studiengänge bei den einzelnen Fakultäten.
1.1 Theologische Fakultät der Universität Heidelberg
Die Theologische Fakultät an der Universität Heidelberg besteht seit 1386. Seit dem 16. Jahrhundert wird dort evangelische Theologie gelehrt.
Der Bestand der Fakultät ist durch den Badischen Kirchenvertrag vom 14.11.1932 garantiert. In Art. VII dieses Vertrages, der zwischen dem Freistaat Baden und der Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens geschlossen wurde, hat der Freistaat Baden den Bestand der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg mit den zur Zeit des Vertragsabschlusses geltenden Rechten garantiert.
Die vom Freistaat Baden in diesem Vertrag übernommenen Rechte und Pflichten sind auf das Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger übergegangen.
Die Fakultät bietet als weitere Studiengänge an:
- Promotionsstudium (auch ohne vorherigen Abschluss) und
- Aufbaustudiengang Diakoniewissenschaft.
Aufgrund einer zwischen der Badischen Landeskirche und dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Jahr 1983 abgeschlossenen bzw. erneuerten Vereinbarung stellt die Heidelberger Fakultät dem von der Landeskirche eingerichteten Predigerseminar für die Ausbildung der Vikare Lehrleistungen im Umfang von 1,5 Lehrdeputaten einer Professur zur Verfügung, ohne dass die Kirche dafür Kostenersatz leisten müsste.
Im Studienjahr 2003/2004 waren an der Fakultät im Mittel 548 Studierende eingeschrieben, davon 307 in einem volltheologischen Studiengang. Am 01.01.2004 verfügte die Fakultät über 16 Professorenstellen, 18,5 Stellen für den akademischen Mittelbau und 12,5 Verwaltungsstellen.
1.2 Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen
Die Theologische Fakultät an der Universität Tübingen wurde im Jahr 1477 gegründet, seit dem 16. Jahrhundert wird dort evangelische Theologie gelehrt.
Eine vertragliche Verpflichtung des Landes gegenüber der Evangelischen Landeskirche, die Evangelisch-Theologische Fakultät in Tübingen zu erhalten, besteht nicht.
Seit dem Wintersemester 2004/2005 wird als weiterer Studiengang Judaistik angeboten.
Zur Mitwirkung an der Ausbildung der Vikare der württembergischen Landeskirche ist die Fakultät nicht verpflichtet.
Im Studienjahr 2003/2004 waren an der Fakultät im Mittel 453 Studierende eingeschrieben, davon 268 in einem volltheologischen Studiengang. Am 01.01.2004 verfügte die Fakultät über 14 Professorenstellen, 24,5 Stellen für den akademischen Mittelbau und 15,0 Verwaltungsstellen.
1.3 Theologische Fakultät der Universität Freiburg
Die (Katholisch-)Theologische Fakultät an der Universität Freiburg besteht seit Gründung der Universität im Jahr 1457.
Der Bestand der Fakultät wird durch das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Baden vom 12.10.1932 garantiert. Die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag sind auf das Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger des Freistaats Baden übergegangen.
Die Fakultät bietet als weitere Studiengänge an:
- Bachelor-Studiengang Theologie
- Promotionsstudium (auch ohne vorherigen Abschluss)
- Aufbaustudiengang Caritaswissenschaft.
Außerdem wirken die Professoren und Assistenten der Fakultät an dem Studiengang Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte mit, welcher der Philosophischen Fakultät zugeordnet ist.
Zur Mitwirkung an der zweiten Phase der Priesterausbildung ist die Fakultät nicht verpflichtet.
Im Studienjahr 2003/2004 waren an der Fakultät im Mittel 574 Studierende eingeschrieben, davon 253 in einem volltheologischen Studiengang. Am 01.01.2004 verfügte die Fakultät über 15 Professorenstellen, 20,5 Stellen für den akademischen Mittelbau und 12,5 Verwaltungsstellen.
1.4 Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen
Die Katholisch-Theologische Fakultät an der Universität Tübingen besteht seit 1817.
Der Bestand der Fakultät ist durch das am 20.07.1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich geschlossene Konkordat (Reichskonkordat) garantiert.
Die vom Deutschen Reich in diesem Vertrag übernommenen Rechte und Pflichten sind auf das Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger übergegangen.
Zur Mitwirkung an der zweiten Phase der Priesterausbildung ist die Fakultät nicht verpflichtet.
Im Studienjahr 2003/2004 waren an der Fakultät im Mittel 299 Studierende eingeschrieben, davon 121 in einem volltheologischen Studiengang. Am 01.01.2004 verfügte die Fakultät über 15 Professorenstellen, 18 Stellen für den akademischen Mittelbau und 10 Verwaltungsstellen.
2 Hintergrund und Ziel der Prüfung
Der RH hat im Jahr 2004 erstmals die Auslastung der theologischen Fakultäten in der Lehre geprüft.
Ziel der Prüfung war festzustellen, ob im Hinblick auf die seit Jahren zurückgehenden Studierenden- und Absolventenzahlen eine Anpassung der personellen Ausstattung an die veränderte Nachfrage geboten ist.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat in den Jahren 1997 und 2002 eine Prüfung der theologischen Fakultäten in Bayern durchgeführt und aufgrund der Prüfungsergebnisse empfohlen, die Ausstattung der Fakultäten zu reduzieren und drei katholisch-theologische Fakultäten zu schließen. Er hat vorgeschlagen, das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl entsprechend zu ändern. Staatsregierung und Landtag sind den Vorschlägen des Bayerischen Obersten Rechnungshofs teilweise gefolgt: Bis zum Jahr 2019 werden an den bayerischen theologischen Fakultäten 101 Stellen, darunter 32 Professorenstellen, gestrichen werden.
Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein hat im Jahr 2002 ebenfalls eine deutliche Reduzierung der Stellenzahl an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Kiel empfohlen. Die Realisierung dieser Vorschläge steht noch aus.
Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2004 eine erhebliche Unterauslastung der dort eingerichteten theologischen Fakultäten diagnostiziert und neben der regionalen Konzentration von Ressourcen die Streichung von 35 Professorenstellen und einer entsprechenden Zahl von Mittelbaustellen vorgeschlagen. Die politische Willensbildung zu diesen Vorschlägen ist noch nicht abgeschlossen.
3 Feststellungen des Rechnungshofs
3.1 Entwicklung der Studierendenzahlen
Die von den drei Universitäten vorgelegten und aufgrund der Feststellungen des RH bereinigten Studierendenzahlen ergeben das in Übersicht 1 dargestellte Bild.

Die Studierendenzahlen an den evangelisch theologischen Fakultäten sind mithin in zehn Jahren um 63 % (Heidelberg) bzw. 60 % (Tübingen) zurückgegangen. An den katholisch theologischen Fakultäten beträgt der Rückgang der Studierendenzahlen 42 % (Freiburg) bzw. 41 % (Tübingen).
Besonders deutlich fällt der Rückgang bei jenen Studierenden aus, die sich für ein klassisches volltheologisches Studium eingeschrieben haben. Ihre Zahl ist im Zehnjahreszeitraum von landesweit 2.631 auf 949 zurückgegangen. Dies entspricht einem Rückgang um 64 %.
Die Evangelische Kirche nennt als Gründe für die rückläufigen Studierendenzahlen demografische Ursachen und die Reaktion der Abiturienten auf eine restriktive Einstellungspraxis der beiden Landeskirchen Anfang der 90er-Jahre. Außerdem weist die Kirche darauf hin, dass die Studierendenzahlen in den 80er-Jahren stark gestiegen seien und sich jetzt wieder normalisiert hätten.
Die Katholische Kirche beklagt ein generell zurückgehendes Interesse am Priesterberuf in allen deutschen Diözesen. Die Absolventenzahlen an den beiden katholischen Fakultäten reichten bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Nachwuchspriestern in den beiden Diözesen des Landes zu decken.
3.2 Entwicklung der Absolventenzahlen
Die Absolventenzahlen haben sich in den einzelnen Fakultäten unterschiedlich entwickelt. Auch hier hat der RH die von den Universitäten vorgelegten Zahlen geprüft, bereinigt und deren Entwicklung in Übersicht 2 dargestellt.

Während an den evangelisch theologischen Fakultäten die Absolventenzahlen um 45 % (Heidelberg) bzw. 69 % (Tübingen) zurückgegangen sind, ergibt sich bei der Theologischen Fakultät in Freiburg im untersuchten Zehnjahreszeitraum sogar eine leichte Steigerung der Absolventenzahlen (+9 %). An der katholischen Fakultät in Tübingen sind die Absolventenzahlen um 16 % zurückgegangen.
3.3 Stellenausstattung und Personalkosten der Fakultäten
Den vier theologischen Fakultäten (ohne Bibliotheken) standen am 01.01.2004 insgesamt 191,5 Stellen zur Verfügung. Die jährlichen Personalkosten für diese Stellen betragen (nach den Sätzen des FM kalkuliert) 16,69 Mio. €. Die Übersicht 3 zeigt, wie sich die Zahl der Personalstellen und die Personalkosten auf die einzelnen Fakultäten verteilen.

Alle theologischen Fakultäten mit Ausnahme der katholischen Fakultät in Tübingen haben seit 1994 Stellen des wissenschaftlichen Dienstes abgebaut. Alle vier Fakultäten haben sich verpflichtet, bis zum Jahr 2006 weitere 8 Stellen abzubauen.
Die Verteilung dieser Einsparungen auf die einzelnen Fakultäten ergibt sich aus der Übersicht 4.

Die stark unterschiedlichen Studierenden- und Absolventenzahlen einerseits und die vergleichsweise homogene Ausstattung der vier Fakultäten andererseits führen zu stark unterschiedlichen Personalkosten je Student bzw. je Absolvent.
So ergibt sich bei den jährlichen Personalkosten je Vollstudent eine Spannweite von 9.900 € (Heidelberg) bis 18.900 € (Tübingen - katholisch). Bei den Personalkosten je Vollabsolvent ergibt sich eine Spannweite von 43.200 € (Heidelberg) bis 107.300 € (Tübingen - katholisch).
3.4 Auslastung der Fakultäten
Die Universitäten haben dem RH ihre Kapazitätsberechnungen für das Studienjahr 2003/2004 vorgelegt. Aus ihren eigenen Berechnungen ergaben sich Auslastungen der einzelnen Fakultäten zwischen 31,8 % (Heidelberg) und 60 % (Tübingen - evangelisch).
Die dabei zugrunde gelegten Zahlen wurden vom RH überprüft und - wo notwendig - nach oben oder unten korrigiert.
Die Kapazitätsberechnung ergibt die Zahl der Studienanfänger, die in einem Studienfach auf der Grundlage der vorhandenen Lehrkapazität jährlich höchstens aufgenommen werden können (Studienanfängerplätze). Das Verhältnis zwischen der tatsächlichen Zahl der Studienanfänger und der Zahl der Studienanfängerplätze ergibt die Auslastung.
Für die einzelnen Fakultäten haben sich dabei die in Übersicht 5 dargestellten Auslastungsquoten ergeben.

Bei der Berechnung der Kapazität wurden die vielfältigen Lehrexporte, die alle vier theologischen Fakultäten universitätsintern und extern erbringen, kapazitätsverbrauchend (und damit auslastungserhöhend) voll berücksichtigt. Dazu gehören sowohl die Lehrveranstaltungen, die die Mitglieder der theologischen Fakultäten für die Studiengänge anderer Fakultäten erbringen (z. B. auch im Rahmen des ethisch-philosophischen Grundlagenstudiums für Lehramtskandidaten), als auch jene Lehrveranstaltungen, die die theologischen Fakultäten an anderen Hochschulen des Landes erbringen (insbesondere bei der Ausbildung von Religionslehrern für die Grund, Haupt-, Real- und Berufsschulen).
Ebenfalls auslastungserhöhend wurden die sprachpropädeutischen Lehrveranstaltungen berücksichtigt, soweit sie die theologischen Fakultäten selbst erbringen. Der Heidelberger Fakultät wurde auch der Lehrexport an das Predigerseminar gutgeschrieben, zu dem die Fakultät aufgrund der Verträge des Landes mit der Landeskirche verpflichtet ist.
4 Bewertung und Empfehlungen
4.1 Bewertung
Die aufgrund der Angaben der Universitäten und der Feststellungen des RH errechneten Auslastungsquoten von 33,5 % bis 43,4 % zeigen, dass an den theologischen Fakultäten des Landes gegenwärtig Kapazitäten vorgehalten werden, die für mehr als die doppelte Zahl von Studienanfängern/Studierenden ausreichen würden. Die seit 1994 realisierten und bis 2006 geplanten Einsparungen von Personalstellen spiegeln den Rückgang der Studierendenzahlen nur völlig unzureichend wider, wie die Übersicht 6 zeigt.

Angesichts der in manchen Bereichen der Universitäten noch immer bestehenden Mangelsituation ist dieser Zustand nicht zu rechtfertigen. Dabei berücksichtigt der RH auch die besondere staatsrechtliche Stellung der Kirchen und die fundamentale Bedeutung der theologischen Fakultäten für die Kirchen. Auch die vertraglichen Verpflichtungen des Landes aus dem badischen Staatskirchenvertrag und den Konkordaten rechtfertigen das Vorhalten von Überkapazitäten nicht. Wie an allen Fakultäten steht auch bei den theologischen Fakultäten jeweils die Hälfte der Kapazität für Aufgaben der Lehre und für die Forschung zur Verfügung.
Selbst wenn man unterstellt, dass Studienanfängerzahlen auch in Zukunft nach oben und nach unten schwanken werden, ist eine Auslastung unterhalb von 75 % grundsätzlich unvertretbar. Auch die bis 2006 geplanten weiteren Einsparungen werden bei weitem nicht ausreichen, um die Auslastung der Fakultäten auf ein befriedigendes Maß zu erhöhen.
4.2 Empfehlungen des Rechnungshofs
Der RH empfiehlt, die Ausstattung der theologischen Fakultäten über die ohnehin geplanten Einsparungen hinaus so weit zu reduzieren, dass die vorgehaltenen Überkapazitäten auf ein vertretbares Maß zurückgeführt werden.
Durch die vorgeschlagenen Stellenreduzierungen lassen sich landesweit jährliche Personalkosten in Höhe von 4,04 Mio. € (wissenschaftlicher Dienst) und von 0,36 Mio. € (Verwaltung) einsparen.
Der RH geht dabei von folgenden Überlegungen aus:
- Das Mindestziel für die Anpassung der Ausstattung der theologischen Fakultäten sind 75 % Auslastung. Dieses Ziel ist angesichts der begrenzten Fluktuation im wissenschaftlichen Dienst in realistischer Frist zu erreichen und lässt andererseits den Fakultäten genügend Spielraum, um (mögliche, wenn auch nicht wahrscheinliche) kurz- oder mittelfristige Steigerungen der Studierendenzahlen mit der dann gegebenen Ausstattung zu bewältigen.
- Der zur Erreichung dieses Ziels (75 % Auslastung) nächstliegenden Lösung, nämlich der Zusammenfassung der beiden evangelisch theologischen Fakultäten und der beiden katholischen Fakultäten an jeweils einem Standort, stehen jedenfalls bei drei Fakultäten die vertraglichen Verpflichtungen des Landes aus den Konkordaten und dem Staatskirchenvertrag entgegen. Außerdem sprechen die historisch gewachsenen engen Verflechtungen zwischen den Fakultäten und ihren jeweiligen Diözesen bzw. Landeskirchen gegen die Konzentration an einem Standort.
- Die Kündigung des Staatskirchenvertrags und der Konkordate schlägt der RH nicht vor. Ob in Zukunft einvernehmliche Modifikationen der Verträge erforderlich werden, lässt der RH offen.
- Wie das gemeinsame Pro Memoria des Rates der EKD und der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz von 1995 geht der RH davon aus, dass eine theologische Fakultät, die volltheologische Studiengänge anbietet, einer Mindestausstattung von 10 Professuren (mit jeweils einer Assistentenstelle) bedarf, um den Kanon der theologischen Fächer mit der für ein wissenschaftliches Studium notwendigen Pluralität anbieten zu können.
- Bei der Bemessung der Stellen für den akademischen Mittelbau sind neben einer Stelle für einen Fakultätsassistenten und je einer Assistentenstelle je Lehrstuhl die für den sprachpropädeutischen Unterricht notwendigen befristeten und unbefristeten Stellen vorzusehen.
- Für den Aufbaustudiengang Caritaswissenschaft in Freiburg und den Aufbaustudiengang Diakoniewissenschaft in Heidelberg bedarf es jeweils einer weiteren Professur. Soweit hierfür auch wissenschaftliche Dienstleistungen erforderlich sind, sind sie im Rahmen der künftigen Ausstattung (s. Übersicht 7 und 9) zu erbringen.
- In den Fällen, in denen vorgeschlagen wird, eine Fakultät auf ihre Mindestausstattung zu reduzieren, besteht die Gefahr, dass die Fakultät das Interesse an der Aufrechterhaltung und am Ausbau des Lehrexports verliert, da sich dieser zwar auf die Kapazität, nicht aber auf die Mindestausstattung auswirkt. Deshalb wird in diesen Fällen (Freiburg, Tübingen kath. und ev.) vorgeschlagen, den fiskalisch wünschenswerten Lehrexport innerhalb und außerhalb der Fakultät durch Zuweisung einer zusätzlichen Stelle für einen Akademischen Rat/Oberrat (Besoldungsgruppe A 13/A 14) zu honorieren (Mindestausstattung plus).
- Die Zahl der Verwaltungsstellen an den Fakultäten (insbesondere Sekretariatsstellen) sollte die Zahl der Professuren nicht übersteigen. Mit der Zahl der Professorenstellen ist daher auch die Zahl der Verwaltungsstellen zu reduzieren.
- Mit Beginn des Studienjahres 2004/2005 setzte in Heidelberg der Lehrexport an die Universität Mannheim ein. An der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen begann der neue Studiengang Judaistik. Bei der Bemessung der Einsparvorschläge wurde der Lehrexport Heidelberg-Mannheim in dem vertraglich vereinbarten Umfang von 15 Semesterwochenstunden je Semester, nicht jedoch der Kapazitätsverbrauch für den Studiengang Judaistik, angesetzt. Diese Ansätze müssen je nach tatsächlicher Entwicklung in Heidelberg nach unten, in Tübingen dann nach oben korrigiert werden, wenn die vorhandenen Kapazitätsreserven nicht ausreichen sollten, den Lehrbedarf des neuen Studienganges zu decken. Dasselbe gilt in Freiburg für den Lehrexport nach Mannheim.
- Den Personaleinsatz in den theologischen Bibliotheken hat der RH nicht untersucht. Er bleibt daher bei den Einsparvorschlägen außer Betracht.
4.2.1 (Evangelisch-)Theologische Fakultät an der Universität Heidelberg
Der RH schlägt zur Erreichung einer Auslastung von 75 % die in Übersicht 7 dargestellte personelle Ausstattung für den wissenschaftlichen Dienst und die Verwaltung der Theologischen Fakultät in Heidelberg vor.

Bei der Bemessung dieser Ausstattung sind alle Exportleistungen (einschließlich der Lehrveranstaltungen am Predigerseminar) und der Bedarf an Lehrveranstaltungen für den Aufbaustudiengang Diakoniewissenschaft berücksichtigt.
Außerdem ist (vorläufig) berücksichtigt, dass die Heidelberger Fakultät ab dem Studienjahr 2004/2005 bis zu 15 Semesterwochenstunden im Rahmen der Berufsschullehrerausbildung an die Universität Mannheim exportieren wird.
4.2.2 Evangelisch-Theologische Fakultät an der Universität Tübingen
Um an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Tübingen eine Auslastung von 75 % zu erreichen, wäre rechnerisch eine Reduzierung der Zahl der Professorenstellen auf 9 ausreichend, aber auch erforderlich.
Damit würde jedoch die Mindestausstattung einer evangelisch-theologischen Fakultät unterschritten, die dem Pro Memoria der Kirchen folgend angesichts der fünf klassischen theologischen Fächer mindestens 10 Professuren umfasst.
Der RH schlägt die in Übersicht 8 gezeigte personelle Ausstattung der Theologischen Fakultät in Tübingen vor.

Bei der Bemessung dieser Ausstattung sind alle Exportleistungen innerhalb und außerhalb der Universität berücksichtigt.
Die Auslastung von 67,6 % liegt dann immer noch in einem kritischen Bereich.
4.2.3 (Katholisch-)Theologische Fakultät an der Universität Freiburg
Um an der Theologischen Fakultät in Freiburg eine Auslastung von 75 % zu erreichen, wäre rechnerisch eine Reduzierung der Zahl der Professorenstellen auf 10 ausreichend, aber auch erforderlich.
Dies entspricht zwar auf den ersten Blick der für den Betrieb einer katholisch theologischen Fakultät erforderlichen Mindestausstattung von 10 Professuren - im Hinblick auf den in Freiburg angebotenen Studiengang Caritaswissenschaft ist jedoch eine weitere Professur notwendig, sodass sich in Freiburg eine Mindestausstattung von 11 Professuren (mit 10 Assistentenstellen) ergibt.
Der RH schlägt eine personelle Ausstattung der Theologischen Fakultät in Freiburg entsprechend Übersicht 9 vor.

Bei der Bemessung dieser Ausstattung sind alle Exportleistungen innerhalb und außerhalb der Universität berücksichtigt, insbesondere auch die Lehrleistungen im Rahmen des Studiengangs Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte.
Die Auslastung von 68,5 % liegt dann immer noch in einem kritischen Bereich.
4.2.4 Katholisch-Theologische Fakultät an der Universität Tübingen
Um an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen eine Auslastung von 75 % zu erreichen, wäre rechnerisch eine Reduzierung der Zahl der Professorenstellen auf 7 ausreichend, aber auch erforderlich.
Damit würde jedoch die Mindestausstattung einer katholisch theologischen Fakultät, wie sie das Pro Memoria der Kirchen definiert, deutlich unterschritten.
Der RH schlägt die in Übersicht 10 dargestellte Ausstattung für den wissenschaftlichen Dienst der Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen vor.

Bei der Bemessung dieser Ausstattung sind alle Exportleistungen innerhalb und außerhalb der Universität berücksichtigt.
Mit dann 48,9 % ist die Auslastung der Katholisch-Theologischen Fakultät auch nach erfolgter Reduzierung noch immer unvertretbar niedrig, sodass weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Auslastung (z. B. durch Vereinbarung weiterer Lehrexporte) unabdingbar sind.
4.2.5 Weitere erforderliche Maßnahmen
Auch bei voller Realisierung der Vorschläge des RH erreichen drei der vier theologischen Fakultäten die angestrebte Mindestauslastung von 75 % nicht, eine (Heidelberg) erreicht die Zielgröße nur knapp.
Alle vier Fakultäten bleiben daher aufgefordert, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Auslastung der Lehreinheiten zu verbessern.
Neben weiteren Lehrexporten (z. B. an weitere Pädagogische Hochschulen) und der verstärkten Werbung für die Aufnahme des theologischen Studiums bietet sich auch die Einrichtung weiterer Studiengänge an. Ambivalent bewertet der RH in diesem Zusammenhang die an den katholisch theologischen Fakultäten vorgesehene Einführung von konfessionsgebundenen Bachelor-Studiengängen für den Beruf des Gemeindereferenten. Einerseits wird dieser neue Studiengang (ausreichende Nachfrage unterstellt) zu einer besseren Auslastung der staatlich finanzierten Kapazitäten führen, andererseits übernimmt die Universität als staatliche Einrichtung damit eine kirchliche Aufgabe, für die nach der Systematik und Entstehungsgeschichte des Konkordats kein Engagement des Staates vorgesehen ist.
Sollte es an der Katholisch-Theologischen Fakultät Tübingen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht gelingen, die Auslastung in die Nähe des Zielwertes von 75 % zu bringen, so müsste geprüft werden, ob eine weitere Reduzierung der Ausstattung erfolgen kann und die notwendige Pluralität des Lehrangebots durch einen Import von Lehrleistungen von der Universität Freiburg erreicht werden kann.
Sollten die Kirchen für Zwecke der theologischen Forschung oder zur Erweiterung des theologischen Kanons ein weiterreichendes Engagement der Fakultäten für erforderlich halten, stehen den Kirchen dafür die Instrumente der Drittmittelforschung und der Stiftungsprofessur zur Verfügung, von denen die Kirchen jedenfalls in Baden-Württemberg bislang nur marginal Gebrauch gemacht haben.
5 Stellungnahmen des Ministeriums, der Universitäten und der Kirchen
Zum Entwurf der Denkschrift haben das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, die betroffenen Universitäten und die Kirchen Stellung genommen.
Das Ministerium weist in seiner Stellungnahme auf die besondere Bedeutung hin, die den theologischen Fakultäten innerhalb und außerhalb der Universitäten zukomme. Sie wirkten im Bereich der Werteorientierung tief in die Gesellschaft hinein und prägten seit mehreren Jahrhunderten die Bildungs- und Forschungsleistungen der Universitäten des Landes. Besonders beachtlich sei der Rang, den die vier theologischen Fakultäten in der internationalen Spitzenforschung einnehmen - dies zeige sich an einer Vielzahl internationaler Forschungsprojekte, aber auch an der Bilanz der eingeworbenen Drittmittel, die allein an der Universität Tübingen im Jahr 2004 mehr als 1 Mio. € umfasst hätten.
Gegen die vom RH angewendete Methode der Auslastungsberechnung anhand der Kapazitätsverordnung wendet das Ministerium ein, dass die der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen bereits überholt seien: Durch mittlerweile vollzogene weitere Personaleinsparungen und durch gestiegene Studienanfängerzahlen im Studienjahr 2004/2005 habe sich die aktuelle Auslastung an allen Fakultäten gegenüber dem vom RH erhobenen Stand deutlich verbessert, in Heidelberg sei mittlerweile eine Auslastung von 78,1 % erreicht worden.
Weiterhin seien die außerordentlich hohen Leistungen der vier Fakultäten bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht in die Berechnungen des RH eingegangen; die Zulieferung von Lehrleistungen der Theologien an andere Studiengänge sei nur unzureichend berücksichtigt worden.
Das Ministerium wendet sich dagegen, den Ausbildungsauftrag der theologischen Fakultäten auf die Ausbildung von Pfarrern und Religionslehrern zu reduzieren. Die Fakultäten hätten auch den Auftrag, Pastoralreferenten, Gemeindereferenten und andere, forschungsbezogene Berufe auszubilden. Auch komme ihnen im Weiterbildungssektor eine gestiegene Verantwortung zu.
Schließlich wendet sich das Ministerium gegen die vom RH angewendeten Mindeststandards, die der RH aus dem Pro-Memoria-Papier der Kirchen von 1995 hergeleitet hat. Aus der Sicht des Ministeriums müsse Maßstab für die Mindestausstattung der theologischen Fakultäten der Fächerkanon sein, wie ihn die Kirchen in maßgeblichen Dokumenten aus den Jahren 2001 und 2002 festgelegt haben. Aus diesen Dokumenten ergebe sich, dass an den Fakultäten ein Kanon von 12 Fächern anzubieten sei, welcher 12 theologischen Professuren entspreche und je nach den Besonderheiten des Forschungsprofils der einzelnen Fakultäten noch der Ergänzung um weitere Professuren bedürfe.
Weiterhin sei das Ministerium der Auffassung, dass jede der Professuren mindestens der Ausstattung mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und mit einer halben Verwaltungsstelle bedürfe.
Die Universitäten haben in ihren ausführlichen Stellungnahmen, die sich auch mit den Einzelheiten der Berechnung des RH auseinander setzen, vor allem darauf hingewiesen, dass der RH seiner Aufgabenstellung entsprechend nur eine quantitative Analyse der Lehrauslastung vorgenommen habe und qualitative Gesichtspunkte sowie die Leistungen der theologischen Forschung weitgehend außer Betracht gelassen habe.
Bei der Betrachtung der Entwicklung der Studierendenzahlen habe der RH die Entwicklung vor 1993 und ab 2004 nicht gewürdigt, aus der sich deutlich ergebe, dass es sich bei dem Rückgang der Studierendenzahlen um eine allenfalls vorübergehende Entwicklung handele, aus der keinesfalls ein Trend für die Zukunft abgeleitet werden dürfte. Insbesondere die Universität Heidelberg weist darauf hin, dass die Studienanfängerzahlen schon zum Wintersemester 2004/2005 massiv angestiegen und die Grundlagen der Empfehlungen des RH damit überholt seien.
Die vier Fakultäten beklagen, dass ihre Leistungen bei der Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses in den Berechnungen des RH keine Berücksichtigung gefunden hätten.
Alle vier Fakultäten weisen auf ihr besonderes Forschungsprofil und auf ihre überragenden wissenschaftlichen Leistungen hin, die weit über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung gefunden hätten. Sie weisen ausdrücklich darauf hin, dass nach dem System des neuen Landeshochschulgesetzes Entscheidungen, die auf der Grundlage der Empfehlungen des RH zu fällen seien, von den Universitäten in Autonomie zu treffen seien.
Die Erzdiözese Freiburg wendet sich in ihrer Stellungnahme insbesondere gegen die enge Auslegung des Konkordats als Verpflichtung zur Ausbildung von Geistlichen und Religionslehrern. Durch die Entwicklung der pastoralen Berufsbilder habe sich hier eine Verschiebung ergeben, die auch bei der zeitgemäßen Auslegung des Konkordats Berücksichtigung finden müsse. So sollen künftig Gemeindereferenten konkurrierend mit kirchlichen Ausbildungseinrichtungen auch im Rahmen eines Bachelor-Studiengangs an der Universität Freiburg ausgebildet werden. Dieser müsse ebenso Eingang in die Kapazitätsberechnungen finden wie die Leistungen der Fakultäten in künftigen Promotionsstudiengängen.
Für die Bemessung der Zahl der Professuren sei die kirchliche Rahmenordnung von 2003 einschlägig, die 15 Pflichtfächer, davon 14 theologische vorsehe. Dem entspreche nach Auffassung der katholischen Kirche eine Ausstattung der Fakultät mit 13 plus x Professuren, um spezifische Profilbildungen und Forschungsschwerpunkte zu ermöglichen.
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart weist neben diesen Argumenten auf die Gefahr hin, dass bei Realisierung der Vorschläge des RH das bisher bestehende Gleichgewicht von Forschung und Lehre nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Damit sei insbesondere die Bedeutung, die der theologischen Forschung im gesellschaftlichen Diskurs zukomme, gefährdet.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg vertritt die Auffassung, dass der Staat über seine Verpflichtung aus den Staatskirchenverträgen hinaus aus verfassungsrechtlichen Gründen (Kulturstaatsgebot und Bestandsgarantie der theologischen Fakultäten) verpflichtet sei, nicht nur die Ausbildung von Geistlichen und Religionslehrern, sondern auch die theologische Forschung in dem historisch gewachsenen Umfang und der besonderen Qualität zu gewährleisten. Dies habe der RH bei seinen Überlegungen verkannt.
Weiterhin macht die württembergische Landeskirche geltend, ihr Personalbedarf werde sich in den nächsten Jahren so entwickeln, dass bei einer weiteren Reduzierung der Ausbildungskapazitäten nicht mehr die notwendige Zahl von Geistlichen und Religionslehrern ausgebildet werden könnte.
Der Evangelische Oberkirchenrat der Landeskirche in Baden weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf die Notwendigkeit hin, die Leistungen der Heidelberger Fakultät in der Ausbildung der Vikarinnen und Vikare zu erhalten, die für die Sicherung der Qualität der Vikarausbildung unabdingbar sei und zu der sich das Land auch in entsprechenden Vereinbarungen verpflichtet habe.
Weiterhin wird auf die besondere Bedeutung des Instituts für Diakoniewissenschaft und des von ihm betreuten Studiengangs hingewiesen. Wie die anderen Kirchen weist auch die Evangelische Landeskirche in Baden darauf hin, dass die im Pro-Memoria-Papier genannte Grundausstattung nicht mehr den aktuellen Anforderungen an das Profil einer theologischen Fakultät entspreche.
6 Schlussbemerkung
Der RH anerkennt die besondere Bedeutung, die den theologischen Fakultäten des Landes innerhalb und außerhalb der Universitäten zukommt. Er hat dieser Bedeutung bei seinen Vorschlägen auch Rechnung getragen. Dasselbe gilt für die Leistungen, welche die Fakultäten auf dem Gebiet der theologischen Forschung erbringen.
Gleichwohl stellt sich auch bei Einrichtungen mit dieser Bedeutung und diesem Qualitätsanspruch die Frage, ob ihre personelle und sächliche Ausstattung der Aufgabenstellung entspricht. Ein geeigneter Maßstab dafür ist die Kapazitätsberechnung nach Maßgabe der Kapazitätsverordnung, die ebenso selbstverständlich dann Anwendung finden würde, wenn die Kirchen beklagen würden, dass die zur Verfügung gestellten Kapazitäten nicht ausreichten, um den Nachwuchs an Geistlichen und Religionslehrern auszubilden.
Dabei ist der vom RH angelegte Maßstab von 75 % Auslastung maßvoll und erlaubt eine angemessene Reaktion auf vorübergehend steigende Studienanfängerzahlen.
An den beiden Tübinger Fakultäten und der Freiburger Fakultät liegt die Auslastung unstreitig auch im laufenden Studienjahr deutlich unter 75 %. Die Vorschläge des RH orientieren sich bei diesen drei Fakultäten - wie dargelegt - nicht an der Auslastung, sondern allein an der für eine theologische Fakultät erforderlichen Mindestausstattung. Dabei geht der RH weiterhin von dem Pro-Memoria-Papier der Kirchen aus dem Jahr 1995 aus. Die Zahl der Fächer, wie sie mittlerweile in den Prüfungsordnungen definiert wurde, lässt entgegen der Auffassung von Ministerium und Kirchen keinen Schluss auf die erforderliche Zahl von Professuren zu, vertritt doch auch in anderen akademischen Fächern ein Professor regelmäßig mehrere der in einer Prüfungsordnung geforderten Fächer.
Dass die im Pro-Memoria-Papier genannte Zahl der Professuren für ein sachgerechtes theologisches Studienangebot ausreicht, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass mehrere kirchliche Hochschulen in Deutschland, deren Ausstattung allein von den Kirchen verantwortet wird, über nicht mehr als 10 Professuren verfügen.
Die vom RH vorgeschlagene künftige Ausstattung der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg orientiert sich - wie dargelegt - an einer Soll-Auslastung von mindestens 75 %. Sollte sich der zum Studienjahr 2004/2005 eingetretene Anstieg der Studienanfängerzahlen in Heidelberg auch in den nächsten Semestern fortsetzen, müsste hier eine Neuberechnung erfolgen. Dabei wird allerdings im Gegenzug zu berücksichtigen sein, dass der Export an das Predigerseminar in Wirklichkeit weniger als ein Professorendeputat umfasst und der Export an die Universität Mannheim in der Realität hinter dem vereinbarten Export zurückbleiben wird.
Politisch zu entscheiden ist die Frage, ob die im Rahmen von Promotionsstudiengängen benötigten Kapazitäten künftig auslastungserhöhend verrechnet werden dürfen (bisher gehören diese Aktivitäten zum Bereich der Forschung). Die Konsequenz - auch an allen anderen Fakultäten - wäre, dass die Angebote in Mangelfächern zulasten des grundständigen Lehrangebots gehen würden und in allen Fächern ein Mehrbedarf entstünde.
Weiterbildungsangebote werden an allen untersuchten Fakultäten weitgehend als Nebentätigkeit erbracht und können daher keine ausreichende Grundlage für die Bemessung der Ausstattung einer Fakultät sein. Wenn sie als Dienstaufgabe wahrgenommen werden, müssten kostendeckende Entgelte verlangt werden, aus denen dann der durch die Weiterbildungsaktivitäten verursachte Mehrbedarf zu decken ist.
Hinsichtlich der neuen Studiengänge (Gemeindereferenten usw.) weist der RH darauf hin, dass es prinzipiell legitim ist, staatliches Engagement im Bereich der Berufsbildung einzufordern, dass aber fiskalisch und bildungspolitisch kein Interesse daran bestehen kann, Ausbildungen, die bis heute an Fachhochschulen oder Fachschulen erfolgt sind, in die teuerste aller Bildungseinrichtungen, nämlich die Universitäten zu integrieren. Dies gilt nicht nur im theologischen Bereich.
Mit diesen Maßgaben bleibt der RH bei den von ihm erarbeiteten Vorschlägen.