Wirtschaftlichkeit von Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes für Flüchtlinge [Beitrag Nr. 9]

Landeserstaufnahmeeinrichtungen können auf ehemaligen Kasernenarealen am wirtschaftlichsten betrieben werden. Dazu muss sichergestellt sein, dass sie mindestens eine Aufnahmekapazität von 1.000 Plätzen haben und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Aufgaben dort auch mit ausreichend Personal wahrnimmt.

Die Landesregierung hat einer Empfehlung des Rechnungshofs folgend auf den geplanten umfangreichen Umbau eines Schulungszentrums in Herrenberg zu einer Landeserstaufnahmeeinrichtung verzichtet.

1 Ausgangslage

2015 stieg die Zahl der Flüchtlinge in Baden-Württemberg dramatisch an. Es mussten insgesamt 185.000 Flüchtlinge, davon allein seit 5. September etwa 126.000 Flüchtlinge, untergebracht werden. Tatsächlich verblieben nach Abzug der bundesweiten Verteilung rund 100.000 Flüchtlinge im Land. Um die Flüchtlinge aufnehmen zu können, reichten die vorhandenen Kapazitäten nicht aus. Das Land war gefordert, schnellstmöglich Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen.

Für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen sieht das Asylgesetz einen zweistufigen Ablauf vor. Die Flüchtlinge kommen zunächst in eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes. Die Anschlussunterbringung nach Durchführung des Asylverfahrens ist Aufgabe der Gemeinden. Das Land hat diesen Ablauf im Flüchtlingsaufnahmegesetz um eine Stufe erweitert. Die Erstaufnahme des Landes gliedert sich demnach in den Aufenthalt in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) und die vorläufige staatliche Unterbringung durch die Stadt- und Landkreise.

Zur Bereitstellung der notwendigen Anzahl von LEA-Plätzen prüfte das Land zunächst vorhandene Liegenschaften auf ihre Eignung. Im Fokus standen freie oder frei werdende militärische Liegenschaften des Bundes, da diese bereits über maßgebliche Sicherheits- und Versorgungseinrichtungen verfügen. In einem weiteren Schritt wurden auch unbebaute Grundstücke auf ihre Eignung für Neubaumaßnahmen geprüft. Neben einer kleineren Liegenschaft in Giengen an der Brenz wurde lediglich in Herrenberg im Dezember 2015 ein großer zusammenhängender Gebäudekomplex vom Land erworben (ehemaliges Schulungsgebäude).

Im Frühjahr 2016 ging die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge deutlich zurück. Im April 2016 war nur noch ein Viertel der Erstaufnahmeplätze belegt. Daraufhin beschloss die interministerielle Lenkungsgruppe Flüchtlingsaufnahme u. a., sämtliche Maßnahmen zur Erschließung neuer Unterkünfte ruhen zu lassen. Der geplante Umbau in Herrenberg wurde hiervon ausgenommen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Auslastung der Kapazitäten und Stand-by-Betrieb

Da eine Modellberechnung des Bundeskanzleramts vom Frühjahr 2016 noch von einem höheren Zustrom an Flüchtlingen ausging, entschied die Lenkungsgruppe Flüchtlingsaufnahme im April 2016, im Regelbetrieb 19.500 Plätze vorzuhalten. Im Bedarfsfall sollte die Anzahl der Plätze kurzfristig auf 38.000 aufgestockt werden können.

Im Mai 2016 hielt das Land insgesamt 36.218 Plätze an 32 Standorten für die Erstaufnahme von Flüchtlingen bereit. Davon entfielen mit 12.370 Plätzen etwa 30 Prozent auf die Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Karlsruhe, Mannheim, Meßstetten, Sigmaringen und Ellwangen. Weitere 4.000 Plätze waren im Registrierungs- und Ankunftszentrum im Patrick-Henry-Village Heidelberg vorgesehen. Die restlichen Plätze verteilten sich auf weitere Erstaufnahmeeinrichtungen, die vor allem im Herbst 2015 bedarfsorientiert geschaffen worden waren.

Ab Mai 2016 waren im Durchschnitt lediglich 20 Prozent der vorhandenen Plätze belegt. Die tatsächliche Belegung lag zu diesem Zeitpunkt somit deutlich unter dem Vorjahreswert.

Aufgrund der geringen Auslastung werden derzeit in angemieteten und landeseigenen Gebäuden mehrere tausend Plätze im Stand-by-Betrieb vorgehalten. Diese ermöglichen eine kurzfristige Unterbringung innerhalb von 48 Stunden. Die Mietverträge haben teilweise eine Laufzeit bis 2020.

Hierdurch entsteht ein jährlicher Aufwand in Millionenhöhe durch Betriebskosten und Mieten für leer stehende Gebäude. Sie werden u. a. kontinuierlich bewacht, beheizt und beleuchtet. Die Sanitärinstallationen müssen regelmäßig durchgespült werden, um Verkeimung durch Legionellen zu vermeiden.

Beitrag 9 Abbildung 1

2.2 Bestandteile einer Erstaufnahmeeinrichtung

Der Rechnungshof hat alle maßgeblichen Erstaufnahmeeinrichtungen in Augenschein genommen. Dabei wurden regelmäßig folgende bauliche Einrichtungen und Ausstattungen vorgefunden:

  • Verwaltungsgebäude (für Bedienstete des Regierungspräsidiums),
  • Unterkunftsgebäude,
  • Sanitäreinrichtungen,
  • Verpflegungseinrichtungen,
  • Räume zur gesundheitlichen Betreuung,
  • Räume für die medizinische Erstuntersuchung (Röntgen),
  • Räume zur Kinderbetreuung,
  • Kleiderkammern,
  • Dienststellen der Polizei,
  • Zaunanlagen mit Pforten,
  • Spiel- und Sportplätze.

Dort, wo es mehrere separate Unterkunftsgebäude gab, konnte bei Bedarf eine räumliche Trennung der Personen nach Herkunft, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit erfolgen.

Ehemalige Kasernen sind als Erstaufnahmeeinrichtung insofern geeignet, als dort neben den reinen Unterbringungsmöglichkeiten auch auf eine Vielzahl vorhandener Ausstattungen zurückgegriffen werden kann (z. B. Pforte, Versorgung, Sportflächen, Zaun). Zudem können sie aufgrund ihrer Größe und baulichen Gestaltung flexibel an schwankende Zugangszahlen angepasst werden. In Zeiten eines starken Flüchtlingszustroms können die Unterbringungs- und Verwaltungskapazitäten bedarfsgerecht erhöht werden, indem vorhandene Reserven genutzt werden. Die großen Freiflächen können als Spiel- und Sportflächen genutzt werden. Im Krisenfall könnten dort vorübergehend mit Behelfsunterkünften weitere Plätze geschaffen werden.

2.3 Kosten der Baumaßnahmen

Der Rechnungshof hat die spezifischen Baukosten je Platz ermittelt. Die der Berechnung zugrunde liegende Anzahl von Plätzen beruht auf den uns während der örtlichen Erhebungen genannten Kapazitäten.

Beitrag 9 Tabelle 1

Die Auswertung ergab, dass die Einrichtungen in ehemaligen Kasernen in Heidelberg, Ellwangen, Meßstetten und Wertheim besonders wirtschaftlich sind. Dort wurden jeweils mehr als 1.000 Plätze geschaffen. Es entstanden Baukosten zwischen 1.700 Euro und 5.800 Euro je Platz. Unterbringungen, bei denen Container- oder Systembauten neu errichtet wurden, wie z. B. in Tübingen, sind unwirtschaftlich und nicht nachhaltig. Durch die vergleichsweise kurze Nutzungsdauer von zehn Jahren entstehen deutlich höhere Lebenszykluskosten. Die Maßnahme in Tübingen kostete 44.000 Euro je Platz, also mehr als zehnmal so viel wie andere Unterbringungen.

Außerdem betrachtete der Rechnungshof Baumaßnahmen in Freiburg, Herrenberg, Mannheim und Schwäbisch Hall, die sich zum Zeitpunkt der Prüfung in der Projektierung befanden:

Beitrag 9 Tabelle 2

Von diesen vier Maßnahmen wird ausschließlich die Umbaumaßnahme in Freiburg in einer ehemaligen Polizeischule weiter verfolgt. Die zwei Neubaumaßnahmen in Mannheim und Schwäbisch Hall sowie auf Empfehlung des Rechnungshofs der geplante Umbau eines ehemaligen Schulungsgebäudes in Herrenberg werden wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht weiterverfolgt.

Beitrag 9 Abbildung 2

2.4 Anforderungen des Asylverfahrens an eine Landeserstaufnahmeeinrichtung

Das größte Potenzial für eine wirtschaftliche Sicherstellung der Erstaufnahme besteht darin, das Verfahren der Flüchtlingsaufnahme durch das Land und die Durchführung des Asylverfahrens durch den Bund zu optimieren und besser aufeinander abzustimmen.

Wenn ein Flüchtling in Deutschland ankommt, meldet er sich bei der Polizei oder einer anderen Stelle und wird dann in eine LEA aufgenommen. Dort wird er untergebracht und registriert. Seine persönlichen Daten werden in die IT-Systeme des Landes (MigVIS) und des Bundes (MARIS) eingegeben. Dabei werden Fingerabdrücke genommen, biometrische Lichtbilder gefertigt und - wenn möglich - Ausweisdokumente gesichtet. Es erfolgt ein Abgleich mit dem Ausländerzentralregister. Danach wird die sogenannte „EASY-Optionierung“ durchgeführt: Die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Länder erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel. Hat Baden-Württemberg seine Aufnahmequote für ein bestimmtes Herkunftsland bereits erfüllt, weist das EASY-System den Flüchtling automatisch einem anderen Land zu.

Die im Land verbleibenden Flüchtlinge erhalten dann den Ankunftsnachweis und einen Termin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Es folgt eine medizinische Untersuchung durch Landesbedienstete. Danach können die Flüchtlinge in dem Termin beim BAMF ihren Asylantrag stellen. In einem weiteren Schritt werden sie vom BAMF angehört. Bis zur Entscheidung des BAMF über den Antrag ist das Land für die Unterbringung zuständig. Im Anschluss werden die Flüchtlinge auf die Gemeinden verteilt.

Diese Verfahren haben 2015/2016 teilweise sehr lange gedauert. Aufgrund von Kapazitätsengpässen haben sich einzelne Schritte teils um Monate verzögert. Für einen zügigen und reibungslosen Ablauf der Flüchtlingsaufnahme und des gesetzlich vorgegebenen Asylverfahrens müssen die Abläufe und Kapazitäten in einer LEA den beschriebenen Verfahren angepasst werden. Ausgehend von dieser Überlegung muss die Infrastruktur der LEA so ausgerichtet sein, dass ankommende Flüchtlinge unverzüglich in IT-Systemen erfasst, einer Unterbringungseinrichtung zugeteilt und registriert werden können. Darüber hinaus muss in der Einrichtung eine medizinische Untersuchung möglich sein. Das BAMF sollte in der Einrichtung mindestens Asylanträge entgegennehmen und die Anhörung durchführen können.

Unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie ist es unumgänglich, dass Asylbegehrende während dieser Zeit in der LEA verbleiben. Situationen wie im zweiten Halbjahr 2015, als Flüchtlinge ohne vorherige Registrierung und Antragstellung beim BAMF in Notunterkünfte und in die Stadt- und Landkreise verlegt werden mussten, sind zu vermeiden.

Die Infrastruktur einer LEA wird diesen Anforderungen gerecht, wenn die Unterbringungskapazität (Plätze) mit den Verfahrenskapazitäten des Landes (Registrierung und medizinische Untersuchung) und des BAMF (Durchführung des Asylverfahrens) korrespondiert. Ist dies nicht der Fall, entsteht ein Bearbeitungsstau, der zu längeren Verfahrens- und Unterbringungszeiten und somit zu Mehrkosten führt. Nach dem Asylgesetz dürfen Flüchtlinge, die nicht aus sicheren Herkunftsländern stammen, zudem längstens sechs Monate in einer LEA untergebracht werden.

Mit dem Leitfaden des BAMF zum Aufbau eines Ankunftszentrums „Integriertes Flüchtlingsmanagement" vom Juni 2016 liegt eine Konzeption vor, die der Rechnungshof für organisatorisch gut und wirtschaftlich hält. Diese soll das Asylverfahren und die Integration bzw. die Rückführung ausreisepflichtiger Flüchtlinge beschleunigen. Neu ankommende Flüchtlinge werden hierzu nach Fallprofilen aufgeteilt. Antragsteller mit hoher oder geringer Bleibeperspektive sollen - so das Ziel des BAMF - innerhalb von nur 48 Stunden ihren Bescheid erhalten.

In seinem Leitfaden weist das BAMF darauf hin, dass die Konzeption dann erfolgreich ist, wenn das Ankunftszentrum in einer für die Abläufe geeigneten Liegenschaft errichtet wird. Es führt beispielhaft auf, dass bei 100 Registrierungen und Anträgen je Tag alleine für seine Mitarbeiter rund 35 bis 40 Einzelbüros, 4 bis 6 Warteräume und 3 bis 5 Besprechungsräume benötigt werden. Die Konzeption wurde im Ankunftszentrum Heidelberg mit entwickelt und wird dort seit über einem Jahr umgesetzt.

2.5 Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Für den Bedarf an Plätzen in der Erstaufnahme ist - neben den Zugangszahlen - wesentlich, wie viele Fälle das BAMF tatsächlich und in welchem Zeitraum entscheidet. Jeder Tag, den das BAMF schneller entscheidet, kann die erforderliche Aufnahmekapazität beim Land (einschließlich der vorläufigen Unterbringung in den Landkreisen) verringern und dem Land Kosten sparen. Die Personalausstattung der BAMF-Außenstellen hat bei hohem Flüchtlingszustrom mithin erhebliche Auswirkungen auf den Landeshaushalt.

Zählt man die uns im Sommer 2016 vor Ort genannten Kapazitäten des BAMF zur Entgegennahme und Bearbeitung von Asylanträgen in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen zusammen, zeigt sich, dass jährlich die Anträge von etwa 50.000 bis 70.000 Flüchtlingen bearbeitet und entschieden werden könnten. Träfe die im Leitfaden „Integriertes Flüchtlingsmanagement“ für Ankunftszentren genannte durchschnittliche Bearbeitungszeit von nur zwei Tagen für viele Fälle zu, lägen die Kapazitäten noch deutlich darüber und die Verweildauer der Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen würde erheblich sinken. Im Prüfungszeitpunkt war die reale Bearbeitungszeit aber deutlich höher.

Das von allen Beteiligten angestrebte Ziel einer raschen Registrierung und Entscheidung über Asylbegehren kann nur erreicht werden, wenn landesseitige und BAMF-seitige Kapazitäten einrichtungsscharf aufeinander abgestimmt und ausreichend dimensioniert sind. Dies setzt eine deutlich bessere Kooperation des BAMF voraus.

2.6 Einbeziehung der Prüfungsergebnisse in ein neues Standortkonzept der Landesregierung

In seiner Standortkonzeption vom Dezember 2016 hat das Innenministerium die Empfehlung des Rechnungshofs aufgegriffen, die geplante LEA Herrenberg aufzugeben. Der Umbau des ehemaligen Schulungsgebäudes zu einer LEA ist weder wirtschaftlich noch erforderlich. Die baulichen Anlagen sind für die damals angestrebte Funktion auch nur mit Einschränkungen geeignet.

Die bundesweit modellhafte Einrichtung eines Ankunftszentrums soll dafür erhalten und mit vier Landeserstaufnahmeeinrichtungen flankiert werden. Zwei davon sowie das Ankunftszentrum befinden sich in ehemaligen Kasernen. Den Empfehlungen des Rechnungshofs entsprechend soll die Abstimmung zu Standorten, Kapazitäten und Verfahrensschritten zwischen Land und BAMF optimiert werden. Hierzu steht die Landesregierung in Verhandlungen mit dem BAMF.

3 Empfehlungen

3.1 Kasernenareale nutzen

Für die Zwecke einer LEA sind ehemalige Kasernen am besten geeignet. Das Land sollte daher durch Absprachen mit Bund und Standortkommunen dafür Sorge tragen, die bestehenden Einrichtungen in Kasernen im erforderlichen Umfang langfristig fortführen zu können. Dies gilt insbesondere für das Ankunftszentrum im Patrick-Henry-Village Heidelberg.

Es ist wirtschaftlicher und effektiver, in ausgewählte bestehende Einrichtungen zu investieren und deren Betrieb langfristig zu sichern, als durch Neubau- oder Umbaumaßnahmen neue Einrichtungen zu schaffen. Vorzugsweise sollten Gebäude im Eigentum des Landes oder des Bundes genutzt werden. Unwirtschaftliche Container-Lösungen, die keine Erweiterung oder spätere Umnutzung zulassen, sollten vermieden werden.

3.2 Alternativlösungen für den Stand-by-Betrieb entwickeln

Leerstehende Gebäude, insbesondere Anmietungen, im Stand-by-Betrieb vorzuhalten, ist unwirtschaftlich. Die Mietverträge sollten schnellstmöglich aufgehoben oder gekündigt werden, sofern das Land die vorläufige Unterbringung bei den Stadt- und Landkreisen beibehalten will.

Stattdessen sollte das Land für Ausnahmesituationen neue Konzepte für temporäre Behelfsunterkünfte auf erschlossenen Flächen entwickeln. Denkbar wäre die temporäre Errichtung vorhandener Leichtbauhallen, wärmegedämmter Zeltanlagen (analog Bundeswehr bzw. Technisches Hilfswerk) oder Systemlösungen aus der Camping- und Freizeitarchitektur. Diese sollten bis zum Bedarfsfall in Hallen des Stand-by-Betriebs zentral eingelagert werden.

3.3 Anforderungen an eine Landeserstaufnahmeeinrichtung

Aus betrieblich-organisatorischen Gründen sollte angestrebt werden, dass die Landeserstaufnahmeeinrichtungen eine Regelkapazität von 1.000 Plätzen nicht unterschreiten.

Zur Vermeidung von Bearbeitungsstaus muss eine LEA aufeinander abgestimmte Raum- und Flächenkapazitäten für Unterbringung, Registrierung, medizinische Untersuchung und die Durchführung des BAMF-Verfahrens haben.

3.4 Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verbessern

Um die Bedarfsplanung zu verbessern und die Verfahren zu beschleunigen, sollte eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem BAMF geschlossen werden. Darin sollte sich der Bund verpflichten, ausreichend Personal, angepasst an die jeweils aktuellen Zugangszahlen und Bearbeitungsstände, für die Durchführung der Asylverfahren bereitzustellen.

3.5 Rechtsgrundlagen flexibel gestalten

Der Rechnungshof empfiehlt, das Flüchtlingsaufnahmegesetz zu reformieren. Parallel hierzu sollte eine Bundesratsinitiative für eine Reform des Asylgesetzes gestartet werden. Ziel der Reformen sollte es sein, starre Regelungen zur Verweildauer in Einrichtungen der Erstaufnahme sowie definierte Wohn- und Schlafflächenstandards in der vorläufigen Unterbringung zu flexibilisieren. Den betroffenen Stellen muss ermöglicht werden, zu Spitzenzeiten flexibel auf Anforderungen zu reagieren.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Innenministerium unterstützt die Empfehlung, Kasernenareale zu nutzen, weist aber darauf hin, dass eine landesseitige Nutzung dieser Liegenschaften stark mit den kommunalpolitischen Interessen an einer städtebaulichen Entwicklung dieser Konversionsflächen konkurriere. Langfristige Vereinbarungen mit den Standortkommunen seien daher in der Regel nur schwer zu erreichen.

Des Weiteren teile es die Auffassung zur Zusammenarbeit mit dem BAMF. Man befinde sich bereits in Verhandlungen für eine Verfahrensvereinbarung, deren Inhalt jedoch von den weiteren Planungen des BAMF abhänge.

Die im Stand-by-Betrieb geführten Plätze seien auf 1.632 Plätze reduziert worden. Aus humanitären Gründen bevorzuge man feste Unterkünfte, weshalb Einrichtungen im Stand-by-Betrieb erforderlich seien. Im Übrigen weist das Ministerium darauf hin, dass durch Schließung von Einrichtungen sowie eine geringere Zuteilung an die Kreise die durchschnittliche Belegung seit Jahresbeginn 2017 auf über 50 Prozent gestiegen sei.

Das Ministerium ist der Auffassung, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen dank der 2015 und 2016 auch genutzten Öffnungsklauseln bereits hinreichend flexibel seien.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass die gesetzlichen Regelungen keinen ausreichenden Handlungsspielraum eröffnen. Vorschriften müssen auch in außergewöhnlichen Situationen eingehalten werden können. Die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes konnten die Flüchtlingskrise nur dank eines überobligatorischen Einsatzes bewältigen.