Das Innenministerium muss die Konzeption für die Hubschrauberstaffel neu ausrichten. Künftig sollte nur noch ein Hubschraubermuster verwendet werden. Zwei Hubschrauber sind verzichtbar. Mindestens sechs Stellen können eingespart werden.
1 Ausgangslage
Die Hubschrauberstaffel der Polizei verfügt aufgrund einer Gesamtkonzeption von 1998 über zwei Transporthubschrauber und sechs Polizeieinsatzhubschrauber, die an zwei Standorten stationiert sind. Der Konzeption lagen Bedarfsprognosen zugrunde.
Die Hubschrauberstaffel unterstützt auf Anforderung die Landes- und Bereitschaftspolizei sowie das Landeskriminalamt. Sie führt auch Flüge für die Mitglieder der Landesregierung und den Präsidenten des Landtags für dringende Amtsgeschäfte oder aus besonderem Anlass durch. Zudem unterstützt sie die Landesverwaltung im Rahmen der Amts- und Vollzugshilfe.
2 Prüfungsergebnisse
Die Hubschrauberstaffel ist mit den zwei Transporthubschraubern und den sechs Einsatzhubschraubern quantitativ und qualitativ auch im Vergleich zu anderen Flächenländern gut ausgestattet. Die Prognosen der Konzeption von 1998 haben sich zum Teil nicht bestätigt.
2.1 Luftfahrzeugflotte
Die bestehende Hubschrauberflotte wurde 2001 bis 2004 erneuert. Mit den zwei Transporthubschraubern des Typs EC 155 werden Transport- und Verlastungsaufgaben erfüllt. Einsatzschwerpunkte dieser Hubschrauber sind der Transport des Spezialeinsatzkommandos der Polizei (SEK) und die Beförderung von Mitgliedern der Landesregierung sowie die Aus- und Fortbildung des fliegenden Personals und der Einsatzkräfte der Polizei. Mit den sechs Einsatzhubschraubern des Typs MD 902 Explorer werden die meisten polizeilichen Aufgaben bewältigt.

Das Foto zeigt den Hubschrauber EC 155 im Hintergrund und den MD 902 Explorer im Vordergrund.
2.2 Personal
Von den 62,5 Vollzeitäquivalenten der Hubschrauberstaffel gehören 50 zum fliegenden Personal, und zwar 29 Piloten, vier Copiloten, zehn Flugtechniker und sieben Operator/FLIR-Operator (Stand: 31.12.2009). Die Konzeption des Innenministeriums geht vom Zwei-Piloten-Cockpit aus. Sie weicht damit von der Standardbesatzung in den meisten Ländern ab, die aus einem Piloten und einem Flugtechniker besteht. Das Zwei-Piloten-Cockpit ermöglicht einen hohen Leistungsstandard der Hubschrauberstaffel. Außerdem wird dadurch die Sicherheit erhöht.
2.3 Ausbildungskosten des fliegenden Personals
Die Piloten besitzen unterschiedliche Lizenzen. Die Basisausbildung zum Berufshubschrauberführer kostet 158.000 Euro. Nach der Grundausbildung wird der Pilot in sechs Ausbildungsblöcken an die Anforderungen eines Kommandanten im Nachteinsatz mit Bildverstärkerbrille für den MD 902 Explorer herangeführt. Bis dahin summieren sich die Ausbildungskosten auf 182.000 Euro. Alle 29 Piloten haben diese Ausbildung.
Für den Hubschrauber EC 155 kommen zu den Ausbildungskosten von 182.000 Euro noch weitere Ausbildungskosten für Sichtflug- und Instrumentenflugberechtigung. Zusammen liegen die Ausbildungskosten für den EC 155 zwischen 204.000 und 245.000 Euro.
Bei allen Piloten entstehen weitere Kosten für Befähigungsüberprüfungs- und Standardisierungsflüge. Die Ausbildung zum Flugtechniker kostet 83.000 Euro.
2.4 Einsatz des fliegenden Personals
Im Flugbetrieb wird nach einem Schichtplan mit Frühdienst, Tagesdienst, Spätdienst und Nachtdienst gearbeitet. Ein Transporthubschrauber EC 155 steht zu bestimmten Zeiten für das SEK in Bereitschaft.
Die daraus resultierende Mindeststärke erfordert nach der Berechnung der Hubschrauberstaffel 25,6 Beamte mit Fluglizenzen. Demnach besteht eine Personalreserve von 17,4 lizenzierten Beamten. Einem Teil dieser Piloten und Flugtechniker sind schwerpunktmäßig andere Aufgaben in den Bereichen Führungsgruppe, Öffentlichkeitsarbeit, Flugkoordination, Flugqualifizierung und Technik übertragen. Nicht alle diese Aufgaben müssen lizenzierte Beamte erledigen. Mit der Personalreserve wird der Bedarf abgedeckt, der über der Mindeststärke liegt. Der über die Mindeststärke hinausgehende Personalbedarf muss künftig präzisiert werden.
Der Jahresdienstplan für das fliegende Personal entspricht seit der Umstellung auf den 24-Stunden-Dienst nicht mehr den tatsächlichen Anforderungen. Das derzeitige Arbeitszeitmodell ist nicht lage- und bedarfsorientiert. Ressourcen werden vorgehalten, wenn sie nicht gebraucht werden; Ressourcen fehlen, wenn sie gebraucht werden. Dies erklärt auch den hohen Stand an Mehrarbeitsstunden.
2.5 Einsatz der Hubschrauber
Die acht Hubschrauber haben seit ihrer Indienststellung bei der Staffel bis zum 31.12.2009 eine Flugleistung von insgesamt 22.737 Stunden. Die durchschnittliche jährliche Flugleistung je Hubschrauber beträgt bei den Transporthubschraubern 210 Flugstunden, bei den Mehrzweckhubschraubern 491 Flugstunden.
2006 bis 2009 verteilen sich die Flugstunden wie in Tabelle 1 ersichtlich auf die Einsatzarten:

Der Anteil der Flüge mit polizeilichen Aufgaben liegt im Jahresdurchschnitt bei 68,2 Prozent, der Anteil der betriebsbedingten Flüge bei gut einem Fünftel (21,1 Prozent). Der Schwerpunkt der Einsätze lag 2009 tagsüber zwischen 9 und 17 Uhr.
Die Flug- und Bodenzeiten der Hubschrauber in 2009 zeigt Tabelle 2. Die Flugzeit ist unterteilt in einsatzbedingt und betriebsbedingt. Betriebsbedingte Flugzeit ist die Zeit für Flüge zwischen den Standorten, Werkstattflüge, Fortbildungsflüge sowie zum Training des SEK. Einsatzbedingte Flugzeiten sind in der Regel Flüge mit polizeilichen Aufgaben. Bodenzeit ist die Zeit, in der der Hubschrauber nicht geflogen wurde.

Die Hubschrauber werden unterschiedlich in Anspruch genommen. Die Transporthubschrauber und der Einsatzhubschrauber D-HIBC werden deutlich weniger genutzt. Eine nähere Analyse der Einsätze ergab Folgendes:
2.5.1 Transporthubschrauber EC 155
Die zwei Transporthubschrauber kamen 2009 insgesamt 227-mal zum Einsatz, und zwar zwischen weniger als einer halben Stunde bis zu mehreren Stunden. Dabei entfielen 21,6 Prozent der Flüge auf Primäraufgaben (z. B. Transport von SEK und Regierungsmitgliedern), 6,6 Prozent auf Sekundäraufgaben (z. B. Gewässerüberwachung), 53,3 Prozent auf Aus- und Fortbildung, 6,2 Prozent auf Staffel-, Werkstatt- und Überführungsflüge und 12,3 Prozent auf den NATO-Gipfel als Sonderlage.
Damit entfallen auf die Primäraufgaben lediglich 49 Flugeinsätze. Das ist im Jahresdurchschnitt weniger als ein Flugeinsatz in der Woche. Mehr als doppelt so viele Einsätze entfallen dagegen auf Aus- und Fortbildung.
2009 waren eine oder beide EC 155 an 150 Tagen im Einsatz, an 215 Tagen waren sie nicht in der Luft. Selbst während ihrer SEK-Bereitschaft waren ein oder beide EC 155 nur an knapp über der Hälfte der Tage in der Luft.
Nach der Konzeption sollten die Transporthubschrauber allwettertauglich sein. Die Transporthubschrauber erfüllen diese Anforderung nicht. Der unterstellte Bedarf von 170 Regierungsflügen pro Jahr wurde in keinem Jahr erreicht. In 2009 waren es nur noch 32 Flüge. Ein Teil der Regierungsflüge wurde zudem mit den Einsatzhubschraubern durchgeführt.
Im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2009 hat ein Transporthubschrauber eine jährliche Flugzeit von 210 Flugstunden. Die Auslastung ist damit sehr gering. In der Flugzeit enthalten sind auch sehr viele Ausbildungsflüge. Insgesamt wurden 2009 mehr Flugstunden für Aus- und Fortbildung sowie für Werftflüge durchgeführt als für den polizeilichen Einsatz. Beide Transporthubschrauber standen überwiegend ungenutzt flugbereit im Hangar.
In den vergangenen Jahren wurden zwischen 21 und 43 Einsätze zur Unterstützung der Spezialeinheiten geflogen. 2009 waren an 114 Tagen mit SEK-Bereitschaft eine oder beide Maschinen nicht in der Luft.
2.5.2 Einsatzhubschrauber MD 902 Explorer
Von den sechs Einsatzhubschraubern waren 2009 an 362 Tagen ein oder mehrere Hubschrauber im Einsatz. Am jeweils selben Tag waren im Einsatz:
- zwei Hubschrauber an 175 Tagen,
- drei Hubschrauber an 61 Tagen,
- vier Hubschrauber an 19 Tagen,
- fünf Hubschrauber an 1 Tag.
An den 20 Tagen, an denen vier und fünf Hubschrauber gleichzeitig im Einsatz waren, war ein Teil der Einsätze Aus- und Fortbildungsflüge, Werkstattflüge und Personentransportflüge. An sieben Tagen waren diese Einsätze unaufschiebbar.
2.6 Kosten
Nach der Betriebskostenrechnung 2008 belaufen sich die Gesamtkosten der Staffel auf mehr als 8,6 Mio. Euro. Den größten Block stellen die Personalkosten mit 3,5 Mio. Euro dar, gefolgt von den variablen Betriebskosten mit 2,4 Mio. Euro und den Abschreibungen mit 2,2 Mio. Euro. Aufgrund von Berechnungen für 2010 kostet im Polizeieinsatz die Flugstunde mit dem Transporthubschrauber 5.942 Euro und mit dem Einsatzhubschrauber 2.730 Euro.
3 Empfehlungen
3.1 Einsatzhubschrauber MD 902 Explorer
Nach der Konzeption waren sechs Einsatzhubschrauber zwingend gleichzeitig erforderlich, davon fünf im täglichen Dienst. Nach der Auswertung der Einsätze ist der tägliche und gleichzeitige Bedarf geringer. Mit drei einsatzklaren Maschinen kann der tägliche Dienst bewältigt werden. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist an nahezu allen Tagen eine Einsatzreserve von einem Hubschrauber vorhanden. Dies muss bei der Aufgabenanalyse und der künftigen Ausstattung der Hubschrauberstaffel berücksichtigt werden.
3.2 Transporthubschrauber EC 155
Die Hubschrauberstaffel ist mit den Transporthubschraubern über Bedarf ausgestattet. Deshalb und wegen der hohen Kosten sind dringend Alternativen zu suchen, zumal die Triebwerke beider Maschinen voraussichtlich 2015 für 1,5 Mio. Euro grundüberholt werden müssen. Beide Maschinen könnten veräußert werden.
3.3 Neuausrichtung der Hubschrauberstaffel
Die Konzeption für die Hubschrauberstaffel muss neu ausgerichtet werden. Das Land sollte künftig nur noch ein Hubschraubermuster verwenden. Nach einer kritischen Aufgabenanalyse ist die Zahl der Hubschrauber und der Besatzungsmitglieder dem Bedarf anzupassen und zu reduzieren.
Die bisherigen Aufgabenfelder sollten einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden. So wurden noch viele Einsätze zur Verkehrsaufklärung geflogen. Geprüft werden sollte, ob Flüge zu diesem Zweck reduziert oder ganz entfallen können. In anderen Bundesländern haben solche Flüge eine deutlich geringere Bedeutung.
Mit nur noch einem Hubschraubermuster lassen sich Kosten für Personal und Sachmittel einsparen. So könnte ein Drittel der fliegerischen Lizenzen und damit auch ein Teil der jährlichen Trainingseinheiten eingespart werden.
Die vorhandenen zwei Transporthubschrauber und sechs Einsatzhubschrauber sollten in den nächsten Jahren durch sechs Polizeieinsatzhubschrauber eines Musters ersetzt werden. Sollte sich nach der Neubeschaffung der Hubschrauber ein begründeter unabweisbarer Bedarf für ein weiteres Fluggerät ergeben, wäre zu prüfen, ob dafür ein Flächenflugzeug geeignet ist.
3.4 Fliegendes Personal
Wir halten den Personalbestand von 43 bzw. nach den Altersabgängen 41 lizenzierten Beamten für zu hoch. Die Zahl der Piloten und Flugtechniker sollte nach Aufgabenkritik und der Optimierung der Ablauf- und Aufbauorganisation neu berechnet und auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden. Wir sehen ein Einsparungspotenzial von mindestens sechs Stellen.
Bei Umsetzung der Empfehlungen ergibt sich ein Einsparungspotenzial von mindestens einmalig 7 Mio. Euro an Investitions- und Ausbildungskosten sowie jährlich 275.000 Euro an Personalkosten.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Nach Auffassung des Innenministeriums können Aufgaben, Fluggeräteausstattung, Personalbestand, Qualifikation des Personals sowie Einsparungen bei der Hubschrauberstaffel erst nach den Ergebnissen einer polizeiinternen Arbeitsgruppe zur Neuausrichtung definiert werden. Im Übrigen sieht auch das Innenministerium die Notwendigkeit, die bisherige Konzeption und die Kosten der Hubschrauberstaffel auf den Prüfstand zu stellen.