Vergabebeschleunigung - Vergabe öffentlicher Bau- und Dienstleistungen, Umsetzung und Wirkung der Verwaltungsvorschrift zur Beschleunigung öffentlicher Aufträge
26.04.2012
Der Rechnungshof untersuchte landesweit die Vergabe öffentlicher Bau- und Dienstleistungen bei staatlichen und kommunalen Vergabestellen. Die Datenbasis bilden mehr als 16.000 Vergaben der Jahre 2007 bis 2011 aus dem Hochbau, Straßenbau, Gewässerunterhalt und -ausbau, Hochwasserschutz und Gebäudemanagement. Umsetzung und Wirkung der Verwaltungsvorschrift der Ministerien zur Beschleunigung öffentlicher Aufträge (VwV Beschleunigung öA) wurden bewertet. Potenzial zur Beschleunigung von wirtschaftlichen Vergaben wird aufgezeigt.
Allgemeine Feststellungen
· Die VwV Beschleunigung öA hat ihr Ziel verfehlt. Etliche Dienststellen haben die VwV Beschleunigung öA kaum angewandt. Die Verwaltung hat die Vergabeverfahren nicht maßgeblich beschleunigt.
· Durch die Umsetzung der VwV Beschleunigung öA ist der Anteil der Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben insbesondere im staatlichen Hochbau zulasten der Öffentlichen Ausschreibung gestiegen.
· Die mit Abstand wirtschaftlichsten Angebote erzielen öffentliche Auftraggeber mit der Öffentlichen Ausschreibung. Die Angebotspreise sind bezogen auf die Kostenberechnung fünf Prozent günstiger als bei Beschränkten Ausschreibungen.
· Bei öffentlich ausgeschriebenen Leistungen werden weniger Nachträge abgerechnet als bei Beschränkten Ausschreibungen. Die Öffentliche Ausschreibung bietet daher die höchste Kostensicherheit.
· Weder die Präqualifikation noch die Eigenerklärung führten zur Entlastung der Verwaltung oder zur Beschleunigung der Verfahren.
· Die befürchtete allgemeine Steigerung der Baupreise blieb aus.
Feststellungen beim staatlichen Hochbau:
· Durch den Rückgang der Öffentlichen Ausschreibung mit weniger Wettbewerb entstand dem Land ein finanzieller Nachteil von mindestens zwei Millionen Euro je Jahr.
· Die Bearbeitungszeit der Vergaben von der Submission bis zum Zuschlag betrug bei Öffentlichen Ausschreibungen im Mittel 27 Kalendertage. Die VwV Beschleunigung öA hat nicht zu schnelleren Verfahren geführt.
· Eine Überhitzung des Marktes war im staatlichen Hochbau nicht feststellbar. Die Anzahl der Angebote bei Öffentlichen Ausschreibungen ist in den letzten vier Jahren gestiegen.
· Als besonders wettbewerbsfördernd erwies sich eine große Anzahl von Angeboten, die zu mehr Wirtschaftlichkeit durch günstigere Auftragssummen führte.
· Der Großteil der Vergabestellen schätzte den Nutzen der VwV Beschleunigung öA als „sehr gering“ ein.
· 84 Prozent der Aufträge gehen an Unternehmen aus Baden-Württemberg. Aufträge an ausländische Unternehmen wurden von 2007 bis 2010 in keinem Fall erteilt.
Der Rechnungshof empfiehlt daher:
· Die Regelungen der VwV Beschleunigung öA sollten nicht dauerhaft in das Vergaberecht aufgenommen werden.
· Der Anteil der Öffentlichen Ausschreibungen ist zu erhöhen. Dadurch kann das Land allein beim staatlichen Hochbau jedes Jahr mindestens zwei Millionen Euro einsparen.
· Bei Beschränkten Ausschreibungen sind grundsätzlich acht Bieter zur Abgabe eines Angebots aufzufordern.
· Die stark abweichenden Bearbeitungszeiten bei der Vergabe in den Dienststellen des Landesbetriebs Vermögen und Bau sind zu beseitigen.
· Aufwand und Nutzen der Präqualifikation von Unternehmen und deren Eigenerklärung sind kritisch zu hinterfragen.
· Insbesondere beim Landesstraßenbau und bei den vier Landesbetrieben Gewässer bei den Regierungspräsidien ist sicherzustellen, dass zum verbesserten Controlling und zur Steuerung landesweite Auswertungen von Vergaben möglich sind.